„Krabat“ hat zwei Probleme: Dem 1971 erschienenen Roman haftet der zweifelhafte Ruf von Schullektürenpotenzial an, außerdem ist sein Autor Ottfried Preußler vor allem für (wenn auch wunderschöne) Kinderbücher bekannt. Deshalb konnte ich mich erst nach einer Weile überwinden, die gleichnamige Verfilmung von 2008 anzusehen. Und ich habe es nicht bereut.
Dabei beginnt der Film schwach. Um das grundlegende, im weiteren Handlungsverlauf nebensächliche Setting, den Dreißigjährigen Krieg, zu etablieren, zeigt „Krabat“ von Voiceovern untermalte Kamerafahrten über die kriegsgebeutelten Lande. Ein vorbeifliegender, in grauenvollem CGI animierter Rabenschwarm macht deutlich, dass dies eine deutsche Produktion ohne großes Hollywood-Budget ist. Hauptcharakter Krabat wird als bettelnder Sternsänger eingeführt, der mit anderen Jungen durch die Winterkälte stapft. Im Traum ruft ihn ein mysteriöser Magiermeister in seine Mühle, mit der Aussicht auf eine Lehrstelle und Verpflegung. Da lässt sich Krabat nicht zweimal bitten. Dass er dafür seine Bettelkameraden im Stich lassen muss, berührt kaum, da ihre Freundschaft nie auf der Leinwand gezeigt wird.
Sobald Krabat aber die Mühle erreicht und Meister sowie Mitlehrlinge kennenlernt, kann der Film glänzen. Über die Handlung möchte ich nicht viel mehr verraten, da sich ihre Spannung größtenteils aus dem Mysterium der Mühlen-Machenschaften speist. Präsentiert werden diese in stimmungsvollen Bildern, unterlegt mit Annette Focks‘ melancholisch-mystischem Soundtrack. Selbst die Computereffekte können nun – aufgrund sparsamerer Dosierung – durchaus überzeugen.
Gelungen sind auch die Charaktere. Angefangen beim Meister, der gekonnt zwischen mysteriöser, bedrohlicher und väterlicher Aura changiert, über den Altgesellen Tonda, großartig gespielt von Daniel Brühl, bis hin zu den anderen Lehrlingen, die anfangs stereotyp und zu zahlreich erscheinen, im Lauf des Films aber beachtliche Charaktermomente erhalten. Nur Krabat selbst wirkt stellenweise unbeholfen und übermäßig naiv, was an bewusster Regieentscheidung oder schauspielerischer Unerfahrenheit liegen mag. Und dass er in der zweiten Filmhälfte mit einem schrecklichen Schnauzer umherspaziert, macht die Sache nicht besser …
Das Ende bietet schließlich ein würdiges, wenn auch überstürztes Finale. Der Antagonist wird rasch abgefrühstückt, die Heldentruppe zieht – begleitet von einer etwas kitschigen Message – in eine goldene Zukunft. Manch finsteres Mysterium der Magie bleibt unbeantwortet, was die geheimnisvolle Stimmung aufrechterhält und Lust auf die Lektüre des Romans macht.
Kaum zu glauben: Der deutsche Film kann also tatsächlich noch gute Geschichten erzählen, die weder Nazi-Aufarbeitung noch deprimierend-nüchternes Sozialdrama sind.