Was würden wir tun, wenn Zeitreisen möglich wäre? Die eigenen Vorfahren besuchen? Der Forschung unfassbar wertvolle Informationen liefern? Oder viel eher, ausgestattet mit Kamera und Pockenimpfung, die Sehenswürdigkeiten der Vergangenheit abklappern?
Zeitreise-Tourismus ist eine verlockende Vorstellung. Doch gänzlich unvorbereitet sollte man eine derartige Reise nicht antreten. Wie bei jedem anderen Urlaub auch, empfiehlt sich die Lektüre eines geeigneten Reiseführers. Einen solchen liefern Journalistin Kathrin Passig und Astronom Aleks Scholz mit ihrem 2020 erschienenen „Handbuch für Zeitreisende“.
Darin stellen sie zunächst mögliche Reiseziele vor: Das steinzeitliche Stonehenge, Granada unter Nasriden-Herrschaft, die Welt der Maya, Inka und Azteken, Beethoven live-in-concert, die DDR – zeitlich wie örtlich ein breites Spektrum. Selbst wer im Urlaub statt seiner Artgenossen lieber Mammuts, Dinos oder gar die Entstehung der Erde betrachten will, wird bedient: Einige Kapitel beschäftigen sich mit Reisen in die Ur- und Vorgeschichte – für rein Geschichtsinteressierte könnte dieser Abschnitt allerdings fast schon zu ausführlich sein.
Auch dem Zeitreisen selbst, seiner Geschichte, physikalischen Erklärungen und Fallstricken, ist ein Teil des Buches gewidmet. Zudem werden Tipps gegeben, wie man sich auf das Alltagsleben in verschiedenen Vergangenheiten vorbereitet. Kommunikation in modernen Sprachen, Antibiotika oder Hygiene nach heutigem Verständnis sollte man nämlich nicht erwarten …
Jetzt könnte man sich natürlich denken: Aha, witziges Konzept, aber warum sollte ich einen 300-Seiten-Ratgeber über etwas lesen, das es überhaupt nicht gibt? Zum Glück sind sich die Autor*innen bewusst, dass ihr Publikum in nächster Zeit keine Zeitreisen plant. Deshalb verlieren sie sich nicht im Konzept, sondern liefern – neben spannenden historischen Fakten – u.a. Tipps, in welchen Museen besprochene Artefakte heute untergekommen sind, welche Ausrüstung man auf Wildnis-Trips mitnehmen kann (egal, ob ins Pleistozän oder das heutige Alaska) und wie man sich gegenüber fremden Kulturen besser nicht verhält.
Präsentiert wird diese spannende Kombination in einem locker-flüssigen Schreibstil. Selbst kompliziertere Elemente des Zeitreisens (oder der Penicillin-Herstellung) werden gut erklärt. Insgesamt bietet das „Handbuch für Zeitreisende“ nicht nur Geschichtsinteressierten eine tolle Mischung aus Unterhaltung und Informationen – und räumt nebenbei noch mit einigen Klischeevorstellungen über die Vergangenheit auf.