Das Kernthema von „Geschichtenhort“ ist die Schnittstelle von Phantastik und Geschichte. Was könnte da besser ins Programm passen als ein Buch, das „Eine kurze Geschichte der Fantasy“ heißt?
Dieses Sachbuch nimmt sich die Wurzeln, Strömungen und Vertreter*innen der Fantasy vor. Beginnend mit einem Rückblick auf mythologische Ursprünge und Inspirationsquellen, arbeitet es sich Jahrzehnt für Jahrzehnt von den 1900ern bis zu den 2000ern voran. Bedeutende Autor*innen und ihre Romane werden aufgezählt, die Entstehung von Sub-Genres wie der „Urban Fantasy“ behandelt, Genre-Rezeption, Selbstverständnis und Arbeitsweise der Autor*innen angeschnitten. Eine besonders ausführliche Behandlung erhalten Tolkien, Lewis, Rowling, Pratchett und Pullman.
Nischig, was? Doch selbst für eingefleischte Fantasy-Fans ist das Buch nur teilweise zu empfehlen. Während die Kapitel zu Entstehungsgeschichte und den genannten „Big Five“ sich noch spannend und informativ lesen, wirken die „Jahrzehnte“-Kapitel teils wie bloße Auflistungen von Werken und ihren Schöpfer*innen. Hier wären weniger, dafür aussagekräftigere Beispiele nützlicher gewesen.
Auch die Struktur wirkt stellenweise ziellos. Übergangslos wird von einem Thema zum nächsten gesprungen. (Waren Unterüberschriften ausverkauft?) Die Sprache ist recht hölzern, und so manche humorvolle Passage hat die Übersetzung nicht überlebt.
Zum Glück kann „Eine kurze Geschichte der Fantasy“ auch einiges aufbieten, um seine Schwächen wettzumachen. Einen ausführlichen Anhang zum Beispiel, mitsamt umfassender Romanliste, einem Glossar zu den verwirrenden Sub-Genres der Fantasy und weiterführenden Leseempfehlungen. Ein großes Lob auch an die wunderschöne Aufmachung der deutschen Ausgabe mit zahlreichen Innenillustrationen, die im Golkonda-Verlag (@golkonda.verlag) erschienen ist.
Fazit: Nischig und kein Pageturner, dafür reich an Informationen zur Entstehung und Weiterentwicklung der (englischsprachigen) Fantasy.
(zuerst am 8. März 2022 auf Instagram veröffentlicht)